Sehnenentzündung

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Die Sehnenentzündung (medizinisch: Tendinitis oder Tendinopathie) ist eine entzündliche oder degenerative Veränderung einer Sehne, die in der Regel durch Überbelastung, Fehlbelastung oder Mikrotraumata entsteht. Sehnen verbinden Muskeln mit Knochen und übertragen die Muskelkraft auf das Skelett. Entzündliche Prozesse an Sehnen können sowohl akut als auch chronisch auftreten und treten häufig im Bereich stark beanspruchter Gelenke wie Schulter, Ellenbogen, Handgelenk, Hüfte, Knie oder Achillessehne auf.

Ursachen

Sehnenentzündungen entstehen typischerweise infolge mechanischer Überbelastung oder chronischer Fehlbeanspruchung. Sportarten mit wiederholten Bewegungsmustern (z. B. Tennis, Laufen, Schwimmen) führen zu Mikrotraumata in der Sehne, die sich zu einem entzündlichen Prozess summieren können. Auch berufliche Tätigkeiten mit einseitiger Belastung, Vibrationseinwirkung oder ungünstiger Ergonomie gelten als Risikofaktoren.

Weitere Ursachen können degenerative Prozesse im Alter, anatomische Fehlstellungen, Muskelungleichgewichte oder schlecht angepasste Trainingsintensität sein. In selteneren Fällen kann eine Sehnenentzündung durch bakterielle Infektionen, rheumatische Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen (z. B. Diabetes mellitus) bedingt sein. Bestimmte Medikamente, insbesondere Fluorchinolon-Antibiotika, stehen ebenfalls im Verdacht, Sehnenentzündungen zu begünstigen.

Physiologie

Achillessehnenentzündung

Sehnen bestehen aus parallel angeordneten Kollagenfasern (vorwiegend Typ I), die ihnen eine hohe Zugfestigkeit verleihen. Die Sehnenstruktur ist schlecht durchblutet, was zu einer vergleichsweise langsamen Regeneration nach Verletzungen führt.

Bei einer Entzündung kommt es zur Zerstörung von Kollagenfasern, zu einer Einlagerung von Entzündungszellen und zu einer vermehrten Bildung minderwertiger Kollagenfasertypen (v. a. Typ III), was die Festigkeit und Elastizität der Sehne reduziert. Gleichzeitig kommt es zu Schwellungen, Mikroeinrissen und einer Reizung der umgebenden Gewebe. Je nach Ausprägung wird zwischen einer akuten Tendinitis mit entzündlichem Charakter und einer chronischen Tendinopathie mit degenerativem Umbau unterschieden.

Symptome

Typische Symptome einer Sehnenentzündung sind lokale Schmerzen, vor allem bei Bewegung oder Druckbelastung. Der Schmerz kann stechend, ziehend oder dumpf sein und tritt häufig bei bestimmten Bewegungen oder unter Belastung auf. In Ruhe kann er ebenfalls persistieren, insbesondere bei chronischem Verlauf.

Weitere Symptome umfassen Schwellung, Überwärmung, Rötung sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit des betroffenen Gelenks. Die Schmerzen verstärken sich in der Regel bei Aktivität und bessern sich im Ruhezustand. Bei chronischen Verläufen sind die Symptome oft weniger ausgeprägt, dafür aber langanhaltend.

Unbehandelt kann es zur dauerhaften Funktionseinschränkung, zu Kalkeinlagerungen (Tendinosis calcarea) oder im Extremfall zu einem Sehnenriss kommen.

Behandlung

Die Therapie einer Sehnenentzündung richtet sich nach Schweregrad, Lokalisation und Ursache. In der Akutphase steht die Entlastung der betroffenen Struktur im Vordergrund. Kühlung, Schmerzmittel (z. B. NSAR) sowie entzündungshemmende Maßnahmen wie Elektrotherapie oder Ultraschallanwendungen kommen häufig zum Einsatz.

Im weiteren Verlauf wird die Belastung schrittweise wieder aufgenommen, begleitet durch physiotherapeutische Maßnahmen zur Kräftigung und Mobilisierung. Wichtig ist die Korrektur von Fehlhaltungen und muskulären Dysbalancen, um eine erneute Überlastung zu vermeiden.

Bei chronischen oder therapieresistenten Formen können invasive Verfahren wie Stoßwellentherapie, lokale Infiltrationen oder in seltenen Fällen operative Eingriffe notwendig sein. Ergänzend kann eine Analyse und Anpassung sportlicher oder beruflicher Belastungsmuster sinnvoll sein.

Eine frühzeitige Behandlung verbessert die Prognose erheblich und verhindert die Chronifizierung.

Gefahren

Wird eine Sehnenentzündung nicht ausreichend behandelt oder ignoriert, droht ein chronischer Verlauf mit anhaltenden Beschwerden und Funktionsverlust. Chronische Tendinopathien sind schwerer therapierbar und erfordern oft langwierige Rehabilitationsmaßnahmen.

Zudem besteht das Risiko struktureller Schäden wie Sehneneinrisse oder Sehnenrupturen, insbesondere bei fortgesetzter Überlastung. Kalzifizierende Prozesse innerhalb der Sehne können zu zusätzlichen Beschwerden führen.

Auch eine dauerhafte Einschränkung der Beweglichkeit oder eine Schonhaltung mit daraus resultierenden Fehlbelastungen anderer Gelenke ist möglich. Bei entzündlich-systemischer Ursache, etwa im Rahmen rheumatischer Erkrankungen, kann die Sehnenentzündung ein frühes Anzeichen einer systemischen Beteiligung darstellen.

Übersicht: Häufige Sehnenentzündungen

Übersicht häufiger Sehnenentzündungen
Körperstelle Typische Ursache Dauer der Abheilung
Schulter (Rotatorenmanschette) Überkopfarbeiten, Wurfsportarten 6–12 Wochen
Ellenbogen (Tennisarm, Golferarm) Einseitige Belastung, repetitive Bewegungen 6–10 Wochen
Handgelenk (De-Quervain-Tendinitis) Belastung durch Tippen, Schreiben, Babytragen 4–8 Wochen
Patellasehne (Knie) Springen, Laufen, abruptes Stoppen 6–12 Wochen
Achillessehne Laufen, falsches Schuhwerk, verkürzte Wadenmuskulatur 8–16 Wochen

Verzögerter Schmerzbeginn

In vielen Fällen treten die Beschwerden einer Sehnenentzündung nicht unmittelbar während der Belastung auf, sondern verzögert – oft erst am Folgetag. Dieses Phänomen lässt sich durch die physiologischen Prozesse im Sehnengewebe erklären. Während der Belastung kommt es zu Mikroverletzungen und minimalen Strukturveränderungen in der Sehne, die zunächst keine akuten Schmerzen verursachen. Erst im Verlauf der nachfolgenden Regenerationsphase setzen entzündliche Prozesse ein.

Die lokale Reaktion auf die Gewebeschädigung – bestehend aus Zellinfiltration, Ödembildung und Schmerzmediatorenfreisetzung – entfaltet sich typischerweise in den Stunden nach der Belastung. Am nächsten Tag zeigt sich dann die volle Ausprägung der Symptome. Diese verzögerte Schmerzreaktion ist charakteristisch für viele Überlastungsschäden des Bewegungsapparates und unterscheidet sie von akuten Traumaverletzungen, bei denen der Schmerz sofort einsetzt.