Opferrolle
Unter der Opferrolle wird ein Verhaltensmuster verstanden, in den sich einige Menschen zurückziehen, wenn sie in Interaktion mit anderen Menschen Angriff oder Abweisung erfahren. Ferner wird als Opferrolle eine psychologische Reaktion auf negative Situationen genannt, die sich der individuellen Kontrolle entziehen. Typisch für die Opferrolle ist die Suche nach einem Schuldigen, der einen in diese Opferrolle gebracht hat.
Entstehung
Bei den Primaten und den meisten anderen hierarchisch organisierten Tieren gibt es im Fall eines Konflikts zwei Positionen: Kampf, Flucht oder Unterwerfung. Wenn innerhalb einer hierarchisch aufgebauten Clanstruktur ein schwächeres Tier angegriffen wird, signalisiert es mit dem Verhalten und der Körpersprache Unterwürfigkeit, um keinen oder nur minimalen Schaden davonzutragen. Dieses Verhalten festigt den sozialen Frieden innerhalb der Gruppe und macht sie stärker gegen die Angriffe von außen.
Die erlernte Opferrolle entsteht, wie die meisten Eigenschaften der Persönlichkeit, in der frühen Kindheit. Wenn das Kind seine Meinung durchzusetzen versucht und bestraft wird, kann es oft nicht angemessen reagieren. Denn Flucht oder direkte Konfrontation führen oftmals zu noch härteren Sanktionen. Also lernt das Kind, die Rolle des Opfers einzunehmen und sich zu fügen. Seitens der Eltern wird dieses Verhalten unbewusst gefördert, denn die meisten wünschen sich ein höriges Kind.
Position des Opfers
Auch wenn das Opfer auf den ersten Blick alles andere als schuldig ist, ist die Position aus der Perspektive des Opfers eine sehr Bequeme. Auch ist das vermeintliche Opfer nicht immer ein Unschuldslamm (siehe Karpman-Dreieck). Ein gekränkter Narzisst fühlt sich auch durchaus als Opfer, obwohl er durch seine Kränkung viel Schaden anrichten kann.
Sich in die Opferrolle zurückzuziehen kann oft die Verarbeitung einer unangenehmen Situation erleichtern. Das tun die meisten Menschen, und das ist normal. Wichtig ist, dass man nicht in der gewohnten Opferrolle stecken bleibt und nicht andauernd nach einem Schuldigen sucht, anstatt siebst zur Lösung des Problems beizutragen.
Viel zu gern verfallen Menschen in die Opferrolle, um eigene Handlungen oder Passivität zu rechtfertigen. Es ist viel bequemer zu behaupten, dass man vom Pech verfolgt wird, anstatt sich aktiv dem Problem in den Weg zu stellen. Das nimmt dem vermeintlichen Opfer die Verantwortung ab.
Andere zu beschuldigen wird meist in der Kindheit erlernt. Wenn Kinder oft bestraft werden, entwickeln sie schnell eine Strategie, die Verantwortung auf andere oder auf äußerte Umstände abzuwälzen. Solchen Kindern fällt es schwer zu lernen, Fehler einzugestehen und eigene Handlung kritisch zu reflektieren.
Wie erkennt man Menschen, die in der Opferrolle stecken?
- man ist ständig am Jammern
- man hat eine negativ gefärbte Sprache
- man hat stets Rechtfertigungen für seine Probleme
- und das Wichtigste: man will nichts an der Situation ändern
Aus dem Teufelskreis ausbrechen
Durch das Opfersein ist man nicht mehr der Herr der Situation. Man gibt die Zügel in die Hände anderer ab. Wenn man die Verantwortung nicht übernehmen kann, dann lässt man jemand anderen das eigene Leben kontrollieren! Möchte man das wirklich, wenn man die Opferrolle aus dieser Perspektive betrachtet? Um aus dem Teufelskreis auszubrechen, muss man sich die Frage stellen, inwieweit man durch das eigene Handeln die Situation zum Besseren beeinflussen kann.