Präkanzerose
Präkanzerose (auch präkanzeröse Läsion oder prämaligne Veränderung) bezeichnet in der Medizin eine Gewebeveränderung oder einen Zustand, der mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Krebses (malignen Tumors) assoziiert ist. Es handelt sich dabei nicht um Krebs selbst, sondern um eine potenzielle Vorstufe, die sich unter bestimmten Umständen in eine bösartige Neubildung umwandeln kann.
Definition
Präkanzerosen sind Veränderungen in Zellen oder Geweben, die morphologisch auffällig, aber noch nicht invasiv sind. Sie zeigen häufig atypische Zellstrukturen, erhöhte Zellteilungsraten (Proliferation) oder gestörte Differenzierung. Der Übergang zur Malignität ist dabei nicht zwingend, aber statistisch wahrscheinlicher als bei gesundem Gewebe.
Formen
Es werden zwei Hauptformen unterschieden:
Obligate Präkanzerosen
Diese haben ein hohes Risiko, sich in einen bösartigen Tumor zu verwandeln, nahezu unabhängig von weiteren Risikofaktoren. Beispiele:
- Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP)
- Morbus Bowen (Carcinoma in situ der Haut)
- Dysplasien höherer Grade im Gebärmutterhals (CIN III)
Fakultative Präkanzerosen
Diese führen nur unter bestimmten Umständen zur Krebsentstehung, etwa durch chronische Reizung oder genetische Prädisposition. Beispiele:
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Colitis ulcerosa)
- Leukoplakie der Mundschleimhaut
- Atrophische Gastritis bei Helicobacter pylori-Infektion
Pathophysiologie
Die Entstehung präkanzeröser Veränderungen ist multifaktoriell. Genetische Mutationen, chronische Entzündungen, hormonelle Einflüsse, Umweltfaktoren (z. B. Karzinogene) und virale Infektionen wie das humane Papillomavirus (HPV) können eine Rolle spielen. Im Verlauf kann es zur Akkumulation weiterer genetischer Schäden kommen, was eine maligne Transformation begünstigt.
Diagnostik
Präkanzerosen werden häufig zufällig bei Vorsorgeuntersuchungen entdeckt, etwa durch Kolposkopie, Endoskopie oder Biopsie. Die histologische Beurteilung ist entscheidend für die Risikoeinschätzung und das therapeutische Vorgehen.
Therapie
Die Behandlung richtet sich nach dem Typ und dem Risiko der Läsion. Mögliche Maßnahmen sind:
- Regelmäßige Überwachung (watchful waiting)
- Medikamentöse Behandlung entzündlicher Grunderkrankungen
- Chirurgische Entfernung (z. B. Polypektomie, Konisation)
- Lasertherapie oder Kryotherapie bei oberflächlichen Veränderungen
Prognose
Nicht jede Präkanzerose entwickelt sich zwangsläufig zu Krebs. Früh erkannt und behandelt, ist die Prognose in der Regel sehr gut. Die regelmäßige Teilnahme an Vorsorgeprogrammen ist ein entscheidender Faktor für die Prävention von Karzinomen.
Siehe auch
Literatur
- M. A. Rubin, L. S. Pirog: *Essentials of Surgical Pathology*. Elsevier, 2020.
- Deutsche Krebsgesellschaft: *Leitlinien zur Diagnostik präkanzeröser Läsionen*, 2023.
- RKI – Robert Koch-Institut: *Epidemiologisches Bulletin*, verschiedene Jahrgänge.