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Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs etablierte sich die Rote Armee als Besatzungsmacht in Osteuropa. Auch hier kam es zu Übergriffen auf die lokale Bevölkerung. Die Stationierung sowjetischer Truppen in den neu entstandenen „Volksdemokratien“ wurde durch ein repressives Besatzungsregime gesichert. Plünderungen und Gewalttaten setzten sich fort, und oppositionelle Bewegungen wurden brutal unterdrückt. | Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs etablierte sich die Rote Armee als Besatzungsmacht in Osteuropa. Auch hier kam es zu Übergriffen auf die lokale Bevölkerung. Die Stationierung sowjetischer Truppen in den neu entstandenen „Volksdemokratien“ wurde durch ein repressives Besatzungsregime gesichert. Plünderungen und Gewalttaten setzten sich fort, und oppositionelle Bewegungen wurden brutal unterdrückt. | ||
Die Rote Armee wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 aufgelöst. Ihre Nachfolge trat die Russische Armee an. In der historischen Aufarbeitung gelten die Verbrechen der Roten Armee lange als Tabuthema, insbesondere in [[Russland]] selbst. Während westliche Historiker die Gräueltaten früh thematisierten, blieb in der Sowjetunion und später im postsowjetischen Russland das Bild der „Befreier“ lange unantastbar. Erst | Die Rote Armee wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 aufgelöst. Ihre Nachfolge trat die Russische Armee an. In der historischen Aufarbeitung gelten die Verbrechen der Roten Armee lange als Tabuthema, insbesondere in [[Russland]] selbst. Während westliche Historiker die Gräueltaten früh thematisierten, blieb in der Sowjetunion und später im postsowjetischen Russland das Bild der „Befreier“ lange unantastbar. Erst im Zuge der [[Perestoika]] und unter [[Jeltzin]] begannen auch russische Historiker, die Schattenseiten der Roten Armee kritisch zu beleuchten. Unter [[Putin]] kam die kritische Aufarbeitung zum Erliegen. | ||
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Aktuelle Version vom 18. Mai 2025, 14:03 Uhr
Die Rote Armee war die Streitkraft der Sowjetunion, die 1918 nach der Oktoberrevolution gegründet wurde. Sie entstand als militärischer Arm der Bolschewiki und diente der Durchsetzung und Sicherung der neuen kommunistischen Herrschaft. Gegründet wurde sie auf Befehl des Rates der Volkskommissare unter der Leitung von Leo Trotzki, der als Volkskommissar für das Militärwesen eine zentrale Rolle einnahm. Die Rote Armee entwickelte sich schnell von einer Freiwilligenmiliz zu einer Massenarmee mit allgemeiner Wehrpflicht.
Strukturell war die Rote Armee stark zentralisiert. Die Führung lag beim sowjetischen Oberkommando, das direkt dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei unterstand. Politische Kommissare waren in allen Einheiten präsent, um die ideologische Kontrolle zu gewährleisten. Disziplinarmaßnahmen waren streng, Gehorsam wurde oft mit Gewalt durchgesetzt. In den 1930er Jahren kam es zu umfangreichen „Säuberungen“, bei denen tausende Offiziere und Generäle hingerichtet oder verbannt wurden. Dies schwächte die Schlagkraft der Armee und führte zu Chaos und Misstrauen in den eigenen Reihen.
Die Rote Armee war nicht nur eine militärische Organisation, sondern auch ein Mittel der politischen Unterdrückung. In den von der Sowjetunion kontrollierten Gebieten wurde sie zur Durchsetzung der kommunistischen Herrschaft eingesetzt.
Verbrechen im Russischen Bürgerkrieg
Während des Russischen Bürgerkriegs (1918–1922) verübte die Rote Armee zahlreiche Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Im Kampf gegen die „Weißen Armeen“ und andere politische Gegner griff sie zu brutalen Repressionsmethoden. Plünderungen, Erschießungen und Geiselnahmen waren weit verbreitet. Unter dem Deckmantel des Klassenkampfes wurden vermeintliche „Feinde des Volkes“ systematisch verfolgt. Besonders betroffen waren Bauern, die sich weigerten, Getreide an die Bolschewiki abzuliefern, sogenannte „Kulaken“. Diese wurden enteignet, deportiert oder hingerichtet.
Massaker wie das in Astrakhan (1919), bei dem tausende Arbeiter und Soldaten, die gegen die Bolschewiki protestierten, erschossen wurden, zeigen das Ausmaß der Gewalt. In den von der Roten Armee besetzten Gebieten kam es zu Terroraktionen, die zur Einschüchterung und Unterwerfung der Bevölkerung dienten. Besonders in der Ukraine und im Süden Russlands waren die Maßnahmen der Roten Armee geprägt von rücksichtsloser Gewalt.
Verbrechen im Zweiten Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg, der in der Sowjetunion als „Großer Vaterländischer Krieg“ bezeichnet wird, spielte die Rote Armee eine zentrale Rolle im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland. Nach anfänglichen schweren Niederlagen ging die Rote Armee ab 1943 in die Offensive über und drang tief nach Mitteleuropa vor. Dabei kam es in zahlreichen besetzten Gebieten zu schweren Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung. Besonders berüchtigt sind die Massaker und systematischen Vergewaltigungen in Ostpreußen, Pommern, Schlesien und Berlin.
Deutsche und osteuropäische Zivilisten wurden Opfer von Plünderungen, Folter und Vergewaltigungen. Schätzungen gehen von mehreren hunderttausend bis zu zwei Millionen vergewaltigten Frauen aus. In einigen Regionen wurden Männer und Jungen willkürlich hingerichtet. Die sowjetische Führung sah solche Verbrechen oft als berechtigte Vergeltung für die deutschen Gräueltaten im Osten an. Während die Verbrechen der deutschen Wehrmacht und der SS im sowjetischen Geschichtsbewusstsein stark betont wurden, blieben die Verbrechen der Roten Armee lange ein Tabuthema.
Auch in anderen Ländern kam es zu Übergriffen. In Ungarn, Polen und der Tschechoslowakei hinterließen sowjetische Soldaten eine Spur der Verwüstung. Plünderungen und Vergewaltigungen wurden vielerorts zur Normalität. Berichte über solche Verbrechen wurden in der Sowjetunion systematisch verschwiegen, und Opfer hatten keine Möglichkeit, Gerechtigkeit zu suchen.
Disziplin und Repression in den eigenen Reihen
Innerhalb der Roten Armee herrschte eine strenge Disziplin, die oft durch Angst und Zwang aufrechterhalten wurde. Die sogenannten „Sperrtruppen“ (russisch: заградотряды) waren Spezialeinheiten, die den Rückzug eigener Soldaten verhindern sollten. Wer sich der Flucht oder Desertion schuldig machte, musste mit einer sofortigen Erschießung rechnen. Soldaten, die sich zurückzogen, wurden oft als Feiglinge gebrandmarkt und bestraft. Der Befehl Nr. 227, bekannt als „Keinen Schritt zurück!“, war eine klare Anweisung, jede Form des Rückzugs zu verhindern.
Deserteure und vermeintlich illoyale Soldaten wurden von Militärgerichten in Schnellverfahren verurteilt. Die Strafen reichten von Zwangsarbeit bis zur Hinrichtung. Viele Soldaten lebten in ständiger Angst vor den politischen Kommissaren, die ihre Loyalität zur kommunistischen Partei überwachten. Ein Denunziationssystem förderte Misstrauen unter den Soldaten und schwächte den Zusammenhalt.
Gleichzeitig wurden in der Roten Armee strenge Verhaltensregeln durchgesetzt. Alkoholkonsum und Disziplinlosigkeit konnten hart bestraft werden. In den letzten Kriegsjahren führte die sowjetische Führung Maßnahmen ein, um die Disziplin zu verbessern, darunter Belohnungen für Tapferkeit und Aufstiegsmöglichkeiten für verdiente Soldaten. Trotz dieser Maßnahmen blieb die Angst vor Bestrafung ein ständiger Begleiter der Soldaten.
Nachkriegszeit und historische Bewertung
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs etablierte sich die Rote Armee als Besatzungsmacht in Osteuropa. Auch hier kam es zu Übergriffen auf die lokale Bevölkerung. Die Stationierung sowjetischer Truppen in den neu entstandenen „Volksdemokratien“ wurde durch ein repressives Besatzungsregime gesichert. Plünderungen und Gewalttaten setzten sich fort, und oppositionelle Bewegungen wurden brutal unterdrückt.
Die Rote Armee wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 aufgelöst. Ihre Nachfolge trat die Russische Armee an. In der historischen Aufarbeitung gelten die Verbrechen der Roten Armee lange als Tabuthema, insbesondere in Russland selbst. Während westliche Historiker die Gräueltaten früh thematisierten, blieb in der Sowjetunion und später im postsowjetischen Russland das Bild der „Befreier“ lange unantastbar. Erst im Zuge der Perestoika und unter Jeltzin begannen auch russische Historiker, die Schattenseiten der Roten Armee kritisch zu beleuchten. Unter Putin kam die kritische Aufarbeitung zum Erliegen.