Narzisstische Kränkung

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Narzisstische Kränkung ist ein Zustand seelischer Verletzung, die jemand absichtlich oder unabsichtlich herbeigeführt hat. Bei einer narzisstischen Kränkung ist immer die Eitelkeit des Narzissten angekratzt. Er fühlt sich klein, nicht ernst genommen, gedemütigt. Weil sein Ego angegriffen wurde, fühlt er sich gekränkt, beleidigt. Dieses Gefühl ist allen Menschen geläufig. Während die meisten Menschen den Abflug leichter Kränkung wegstecken, darüber hinwegsehen oder offen aussprechen, was ihnen nicht gefallen hat, fühlt sich ein Narzisst zutiefst betroffen, verraten, hintergangen. Wut, Groll und Rachegefühle ergreifen ihn.

Das Gefühl der Kränkung ist sehr subjektiv. Oftmals ist der Auslöser kein direkter Angriff oder Kritik, sondern eine beiläufige Bemerkung oder gar ein schiefer Blick. Ist der Narzisst sehr misstrauisch, kann auf einem aufgeschnappten Satzfetzen eine ganze Intrige wachsen, die seine innere Wut aufstaut. Dahinter stecken Unsicherheit und ein geringes Selbstwertgefühl.

Der Umgang mit Menschen, die so empfindlich reagieren, ist sehr schwierig. Um sie nicht zu kränken, muss jedes Wort auf die goldene Waage gelegt werden. Sind sie einmal gekränkt, bekommt man eine ganze Palette Hass, Verachtung, Liebesentzug und absolute emotionale Kälte zu spüren. Im Gespräch sind sie sehr wortkarg und steif. Man fühlt sich ungeliebt, verstoßen, fehl am Platz. Diese psychische Gewalt setzen die Narzissten gezielt als Vergeltung für ihre Demütigung ein.

Hinter der Kränkung verbirgt sich sehr viel Wut. Die Kränkung muss immer als Anklage und Schuldzuweisung gegen den Verursacher verstanden werden. Der Leidverursacher soll somit seine Position als Aggressor anerkennen und seine "Schuld" sühnen.

Narzissten setzten die passive Aggression als Manipulationswerkzeug nur gegen Menschen ein, die sie dominieren. Das offenbart ihre Angst und Unsicherheit wie kaum etwas anderes. Sie zeigen die kalte Schulter nur jenen Personen, von denen sie keine nennenswerte Gegenwehr erwarten. Ob in einer Beziehung oder im Umgang mit anderen Menschen - die Kränkung kann als sehr mächtiges Werkzeug zur Manipulation eingesetzt werden.

Entstehung

Die Abwehrmechanismen, mit Stress und Schmerz umzugehen, entstehen in der Kindheit während der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes. Gekränkt werden eher Kinder, die bereits einen narzisstischen Kern entwickelt haben. Nach Ansicht vieler Psychologen entwickelt das Kind das Gefühl der Kränkung, wenn seine Bedürfnisse nach Liebe und Nähe nicht befriedigt werden. Verstärkt wird dieses Gefühl, wenn das Kind zu oft bestraft wird. Insbesondere dann, wenn die Art der Strafe in keinem Verhältnis zu seinen "Taten" stehen. Wenn es ständig angeschrien wird, wenn seine Eltern selbst Narzissten sind, die das Kind bewusst mit Liebesentzug bestrafen und ihm Schuldgefühle aufzwängen, wird es irgendwann sich schnell gekränkt fühlen und das erlernte Verhalten im Umgang mit anderen Menschen anwenden.

Einige Psychologen gehen noch weiter und behaupten, dass sich diese Menschen im erwachsenen Alter solche Partner suchen, die sie kränken und beleidigen, und dass sie Situationen provozieren, um beleidigt zu werden.

Auslöser

Narzissten stellen sich selbst nie in Frage, reagieren aber stets empfindlich, wenn sie auch nur in Ansätzen angegriffen werden. Eine Kränkung kann bei ihnen alles Mögliche auslösen. Das ist immer sehr individuell. Zusammenfassend können aber folgende Punkte genannt werden, wo sich ein Narzisst getroffen fühlt:

  • Wenn er nicht genug gewürdigt wird, wo er dies ausdrücklich erwartet.
  • Wenn er sich gedemütigt fühlt.
  • Wenn er kritisiert wird.

Umgang mit gekränkten Personen

Gekränkte Narzissten schotten sich emotional völlig ab und spielen ihr ganzes Programm passiver Aggression ab, bevor sie wieder zugänglich werden. Ihr Leidverursacher soll den ganzen Schmerz abbekommen, den sie ihrer Ansicht nach erfahren mussten. Erst wenn sie den Schmerz ausgekostet haben, kommen sie zur Vernunft. Das kann manchmal Tage, manchmal Wochen, in schweren Fällen sogar Monate dauern.

Versöhnung ist bei einer narzisstischen Kränkung nicht möglich. Der Narzisst kann nicht verzeihen oder sich kritisch reflektieren. Er erwartet eine völlige Unterwerfung, eine Erniedrigung des anderen, um seine Rachegelüste zu befriedigen.

Nach Ansicht des österreichischen forensisch-psychiatrischen Gerichtgutachters Dr. Reinhard Haller sind viele Gewaltverbrechen auf eine tiefe Kränkung zurückzuführen. Er geht sogar noch weiter und stellt die These auf, dass narzisstische Kränkung sogar Kriege auslösen kann. Vom einzelnen gekränkten Herrscher bis zur Massendemütigung eines Volkes wie beim Versailler Vertrag (Demütigungshypothese).[1]

Siehe auch


Quellennachweise