Gastbeitrag:
Dr. Norbert Gasch,
Arbeitsgemeinschaft Raumfahrt und Astronomie
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Abb. A
Bild: Dr. Norbert Gasch, Arbeitsgemeinschaft Raumfahrt und
Astronomie |
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K�rzlich hatte ich davon
berichtet, da� sich in der Himmelsscheibe von Nebra in Gestalt
der beiden Randb�gen wom�glich die Azimutangaben f�r die Gro�en und
kleinen Mondwenden verbergen, die den R�ckschlu� auf den
Beobachtungsort von etwa 53,6 Grad n�rdlicher Breite unkorrigiert
und refraktions- und parallaxenbereinigt etwa 52,6 Grad Nord
ergeben. Damit liegt, im Rahmen der Me�genauigkeit und
Herstellungstoleranzen, der Beobachtungsort nicht allzu weit vom
Fundort entfernt, zumindest in geographischer L�nge.
Wichtig war dabei, die Scheibe vom "Sonnensymbol" aus zu betrachten.
Wendet man dieselbe Technik auf die "Sterne" an, in dem man den
Winkel zwischen einem Ausgangspunkt und dem Stern mi�t so f�llt
folgendes auf:
Im Gegensatz zu bestimmten Ver�ffentlichungen, in denen von einem
angeblichen "Chaos auf der Scheibe" und "willk�rlich angeordneten
Sternen" die Rede ist, kann man ohne weiteres feststellen, da� die
Sterne zu einem recht gro�en Teil symmetrisch liegen, und zwar zu
der Winkelhalbierenden, die sich aus den Punkten links (wurde mit
Aufwand versetzt versetzt) und rechts (indessen unter dem Bogen
verschwunden) ergibt (siehe Abb. A).
Offenbar ist das bisher �bersehen worden.
Wahrscheinlich sind die Sterne keine Sterne, sondern irdische
Visurmarken f�r Auf- und Untergangspunkte in einer
Beobachtungsanlage, wobei in diesem Fall der Azimut von links �ber
oben nach rechts l�uft. Die Anordnung auf der Scheibe ist entweder
k�nstlerisch um die anderen Objekte ausgef�hrt worden, oder aber es
handelt sich sogar um den Grundri� einer Beobachtungsst�tte mit
Visurpfosten und einem Beobachtungsstandort (eben die "Sonne").
Damit ist das ganze also keine Sternkarte im �blichen Sinn. Auch die
mitunter in Reihen auftretenden Visurpunkt geben einen Hinweis auf
Serien von Me�pfosten. Der eigentliche informative Sinn liegt aber
in den Azimutwerten der Punkte.
Damit kann man arbeiten:
- Das ganze Arrangement l��t sich mit den Auf- und
Untergangsazimuten der hellsten Sterne identifizieren (Abb.
B), insbesondere
Capella und
Sirius. Sirius ist hier entweder
k�nstlerisch durch einen Kranz Punkte hervorgehoben (etwa:
funkelnd, hell), oder es handelt sich technisch um ein B�ndel Me�pfosten zu anderen Zwecken. Jedenfalls passen sie zu keinen
hellen Sternen.
- F�r 2475 v. Chr und eine geographische Breite von 56,5 Grad
Nord wird der Fehler bei den Azimutpositionen f�r alle
dargestellten Sterne auff�llig klein (die Angabe ist
refraktionskorrigiert, der Fehler ist die Summe der Quadrate der
Differenzen zwischen den berechneten Positionen von denen auf der
Scheibe); andere Zeiten und Orte ergeben durchg�ngig wesentlich
schlechtere Passungen. Die Genauigkeit liegt in der Regel bei rund
einem Grad, wobei von der "Sonnenmitte" durch die "Sternenzentren"
gemessen wird. Leichte Fehler in der Sternanordnung sind
erkennbar, f�hren aber kaum zu Verwechslungen. Vermutlich war der
K�nstler nicht der Astronom.
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Abb. B
Bild: Dr. Norbert Gasch, Arbeitsgemeinschaft Raumfahrt und Astronomie |
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Die Plejaden
indessen sind f�r Visurzwecke eher ungeeignet, da ziemlich schwach
und obendrein am Horizont schwer auseinanderzuhalten. Das sich aus
ihnen ergebende B�ndel Visurmarken w�re auch wesentlich enger als
das kranzf�rmige Symbol.
- Die Symmetrie erkl�rt sich aus der Beobachtung von n�rdlichen
und s�dlichen Sternen beim Auf- und Untergang, vermutlich zur
Auffindung der Nord-S�d-Linie (das kennt man auch von den
�gyptern).
- Es werden ein paar hellere s�dliche Sterne m�glichst geringer
Deklination herangezogen wie
Lamda Velorum, weil es sonst keine
gibt. �ber die Zuordnung von
Gamma Eridani kann man streiten, aber
der Stern lag damals geringf�gig �ber dem Horizont und war um die
Wintersonnenwende herum kurz zu beobachten (wobei er durch die
Eigenbewegung etwas n�rdlicher stand als heute). F�r andere Zeiten
und Orte ergeben sich oft so tief s�dlich keine helleren Sterne,
was auch auff�llig ist.
- Die im Azimutlauf umgekehrte Interpretation oder die vom
Scheibenzentrum aus liefert keine sinnvollen Azimute, insbesondere
nicht f�r die hellen Sterne (es pa�t also keineswegs "zuf�llig"
dauernd "alles"!). Da� die Darstellung spiegelverkehrt ist, also
Auf- und Untergangsseite vertauscht sind, ist zwar m�glich, aber
relativ unwahrscheinlich, wenn die hier das Prinzip der
Beobachtungsanlage dargestellt wird.
- Visurmarken f�r
Aldebaran und
Antares liegen ziemlich nah bei
denen der
Beteigeuze zugesprochenen Punkte,
Castor bewegte sich am
damaligen Himmel �hnlich der
Capella. Man darf sich also nicht
wundern, wenn einige prominente Sterne fehlen. Daf�r treten die
G�rtelsterne des
Orion auf.
- Wer jetzt vergeblich auf helle Sterne wie die
Wega oder die
des
Gro�en B�ren wartet, sei darauf hingewiesen, da� diese Sterne
damals zirkumpolar waren, �hnlich wie
Arkturus und
Deneb. F�r sie
gibt es keine Auf- und Untergangspunkte.
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Zus�tzlich finden sich f�r die angegebene Epoche und Breite
wom�glich auch noch die Mondwenden bei 28,8 und 54,7 Grad; aber
das ist spekulativ, zumal die s�dlichen Wenden nicht aufgef�hrt
sind (bei 125,3 und 151,2 ist nichts zu sehen). Vielleicht kannte
man die Mondwenden damals auch noch gar nicht. Auch f�r die
Sonnenwenden finden sich keine Hinweise.
- Auf Visurbildung zwischen einzelnen "Sternen" wurde
verzichtet, davon ergeben sich un�berschaubar viele, die alle
irgendwie zuf�llig auf irgendetwas passen.
- Die Untergangs-Visurmarken des Orion und des Sirius sind dabei
au�erdem von diesem eigenartigen Schiffchen eingefa�t, was
zus�tzlichen Indiziencharakter erlangen k�nnte. Traten diese
Sterne eine Reise �ber das Wasser an? Mit anderen Wort: lag im
Westen das Meer?
- Der Umstand, da� die beiden Goldb�gen praktisch im rechten
Winkel zu dieser �lteren Sichtweise angebracht sind, erkl�rt sich
technisch aus der Pr�senz des Schiffes am unteren Scheibenrand.
Die B�gen sollten wohl unter m�glichstem Erhalt der bisherigen
Substanz zugef�gt werden; es kann auch sein, da� die urspr�ngliche
Bedeutung verlorengegangen ist, nachdem die Scheibe vielleicht als
Geschenk, Handelsgut oder Beute nach Keltisch-Germanien kam,
von wo aus die Visurmarken keinen Sinn ergeben. Sp�ter hat man sie
noch schlechter behandelt und auch noch gelocht. Naja, mit
Wissenschaft als Kulturgut wurde schon immer schlecht umgegangen.
Damit kommt die Himmelsscheibe in der ersten Auflage wom�glich
aus Skandinavien.
Letztendlich bildet die Himmelsscheibe also durchaus Sterne ab, nur
anders, als wir es heute gewohnt sind.
Zu den "Plejaden" erreichten mich �brigens auch noch andere
Hinweise: mal soll es sich um das Sternbild
Auriga handeln, in dem
gerade an der Stelle des Nebel SH2-244 eine Supernova ausbricht, mal
um das Wintersechseck, mal um Orion, mal um de Konstellation
Delphin.
Ich will nicht behaupten, da� meine Interpretation zwangsl�ufig die
richtige ist, aber sie erscheint mir doch im Sinne
Ockhamseinfach:
sie enth�lt nur Elemente, die der damalige Beobachter auch sehen
konnte.
(c) Dr. Norbert Gasch
siehe auch:
Neues von der Nebra-Scheibe
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